Das Ende naht. Immer. Egal wo, egal wann. Und ehe man sich versieht, ist man auch schon mittendrin. Jeder Augenblick könnte dein letzter sein, jedes Gulasch dein letztes Abendmahl, jede Beschimpfung dein letztes Wort, jede unüberlegte Tat ein letzter Versuch, dein Leben ein klein wenig lebenswerter zu machen. Und dann war’s das. Es sei denn, ja, es sei denn, es bäumt sich jemand auf, jemand, der es in der Hand hat, die Welt vorm Untergang zu bewahren, ihr eine zweite Chance zu geben und ihr zu zeigen, dass letzten Endes doch das Gute siegt – wenn auch nicht im ersten Anlauf.
„Ich wage alles, was dem Menschen ziemt; wer mehr wagt, der ist keiner.“ – Macbeth
Mit seinen endlosen Weiten des Nichts und der staubtrockenen Aussichtslosigkeit, die in der Luft liegt, erinnert „Nova Seed“ fast ein wenig an den neuesten Mad Max-Ableger. Mit dem Unterschied, dass hier entlang der vermeintlichen Fury Road Gladiatorenkämpfe ausgetragen werden, Menschenfleisch auf der monsterfreundlichen Speisekarte steht und Löwenmänner von Handlangern des machthabenden Teufels, gesichtslosen Fratzen des blinden Gehorsams, abgeführt werden.
Die neue Saht soll nicht verdorben, nicht schon vorab zum Tode verurteilt werden. Und welche Voraussetzung wäre für einen Neuanfang besser, als einer, der aus dem Guten, dem Schönen, dem Unschuldigen entsteht? Und da nun mal nichts unschuldiger ist als der allseits beliebte Zeichentrickfilm, warum nicht genau ihn für höhere Zwecks als berieselnde Samstagvormittag-Unterhaltung einsetzen?
Ganze vier Jahre hat Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Synchronsprecher Nick DiLiberto an seinem ersten Zeichentrickfilm in Spielfilmlänge gearbeitet. Das Ergebnis ist ein außergewöhnliches – eine 64-minütige Ode an das Leben und die Pracht, die in ihm steckt. Verpackt in einer psychedelischen Maskerade aus kunterbunten Farben und hypnotisch pochenden Synthie-Sounds fängt „Nova Seed“ das irdische (Über-)Leben ebenso herzallerliebst wie barbarisch ein, so friedliebend wie verloren, so bedrückend und dennoch hoffnungsvoll.
Die wundersame Geschichte von Nova Seed und ihrem erkorenen Retter NAC entführt in eine fabelhafte, eine schreckliche und sogleich märchenhafte Welt, dem Untergang geweiht und doch so frei, von der Dystopie gezeichnet und dennoch keineswegs trostlos. Ja, letzten Endes bleibt „Nova Seed“ als verträumte Apokalypse in Erinnerung, die einzig optisch dem Kindchenschema verfällt, dabei aber nicht nur die Ordnung der wunderbar verspielt-animierten Filmwelt, sondern auch die der unseren zu bewahren versucht.