BELLADONNA OF SADNESS
Wenn man sich das Animationskino als vielgestaltige Flora vorstellt, dann ist Eiichi Yamamotos Meisterwerk BELLADONNA OF SADNESS wohl die seltenste aller Blumen. Der dritte und letzte Teil der Animerama-Trilogie, die den Anime mit erwachsenen Themen und Inhalten aufgemacht hat, erzählt die Geschichte der frisch vermählten Bauersfrau Jeanne, die von einem Adeligen vergewaltigt und danach von einem phallusförmigen Dämon heimgesucht wird. Sie soll sich rächen für die ihr angetanen Schändungen.
Yamamoto gründete seinen lange Zeit legendär obskuren Anime auf Jules Michelets Sachbuch La Sorciére: Die (vermutete) Hexerei wird in beiden Arbeiten als eine taugliche und beliebte Rebellion gegen Unterdrückung durch Feudalherrscher und die Kirche beschrieben. Belladonna of Sadness ist eine radikalfeministische, subversive Fantasie, deren ungeheuerliche Kombination von expliziter Sexualität mit Gewalt bis heute nichts von ihrem transgressiven Potenzial verloren hat. Die häufig mit Wasserfarben gemalten Bilder, von Kamerafahrten lebendig gemacht, münden immer wieder in frenetisch rhythmisierten, exzessiv beladenen Farb-und-Form-Orgien, mit denen sich die Emanzipation von Jeanne von allen Unterdrückern nicht nur begreifen, sondern erspüren lässt.
Ein unendlich faszinierendes, pulsierendes Kleinod und eines der ganz großen Meisterwerke des Animationskinos – und des Fantastischen Films.
Eiichi Yamamoto (*1940 in Japan) ist ein japanischer Regisseur und Drehbuchautor. 1961 gründet er mit Osamu Tezuka die Produktionsfirma Mushi Productions, die mit den Fernsehserien ASTRO BOY und KIMBA, DER WEISSE LÖWE weltweite Erfolge feiert. 1969 gibt er mit A THOUSAND AND ONE NIGHTS, dem ersten Teil der Animerama-Trilogie sein Langfilm-Debüt. 1970 folgt CLEOPATRA, 1973 BELLADONNA OF SADNESS.
Mo, 26.09. | 18:00 – Filmcasino